Eigenwirtschaftlicher Glasfaserausbau

Die Gemeinden Bergen, Grabenstätt und Vachendorf gehen gemeinsamen Weg des Glasfaserausbaus mit der Firma AVACOMM
Am 18.02.2025 wurde der Kooperationsvertrag mit der Firma AVACOMM geschlossen.
Glasfaser: Netz der Zukunft?
Eins scheint angesichts der rasant fortschreitenden Technisierung sicher: Glasfasernetze und damit schnelles Internet sind heute das, was vor 200 Jahren Wasserleitungen waren. Sie werden fest zur allgemeinen infrastrukturellen Grundversorgung gehören und unverzichtbar sein. Doch der Markt ist hart umkämpft und die Bevölkerung steht den Versprechen der verschiedenen Anbieter skeptisch gegenüber. Oftmals machen bekannte Namen das Rennen. Gerade im ländlichen Raum mit verästelten und großflächigen Ortstrukturen sind aber wenige dieser Unternehmen dann auch tatsächlich bereit, die notwendige Infrastruktur auszubauen. Dabei sind besonders die Förderung der ländlichen Entwicklung und die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur zur Versorgung der Bürgerinnen und Bürger wichtige Aufgaben der hiesigen Gemeinden.
Warum das Ganze und was ist eigentlich der Unterschied zwischen DSL und Glasfaser?
Das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und somit nimmt auch die Abhängigkeit von einer flächendeckenden und leistungsfähigen Versorgung und Verfügbarkeit zu. Smartphones, Homeoffice, Telefon, Fernsehen aber auch Hausenergiesysteme – für all das und so vieles mehr brauchen wir ein stabiles und schnelles Netz. Tendenz steigend. Doch was ist eigentlich was?
DSL (dt. Digitaler Teilnehmeranschluss)1 – Internet über das Telefonkabel:
- war lange Zeit der Standard in der Versorgung mit Telefon und Internet und ist bereits wesentlich schneller als über ISDN oder Modem.
- Die DSL-Leitung besteht aus einem Kupferkabel, auf dem hohe und niedrige Frequenzen gesendet werden. Auf einem kleinen Teil der niedrigen Frequenzen wird der Telefonanschluss betrieben, die restliche Bandbreite bleibt für das Internet.
- Geschwindigkeit der Datenübertragung ist abhängig von der Entfernung.
Mit Zunahme des Datenvolumens und der erforderlichen Geschwindigkeit konnten die Kupfernetze bislang noch angepasst werden (zuletzt zu VDSL – very high speed DSL). Trotz des Ausbaus stoßen sie jedoch nun angesichts des weiter voranschreitenden Bedarfs an ihre Kapazitätsgrenzen.
Kabelinternet1 – Internet über das Fernsehkabel:
- Internet wird über das TV-Breitbandkabelnetz bezogen,
- verwendet ein geteiltes Netzwerk, d.h. die Bandbreite wird zwischen mehreren Haushalten in einer Nachbarschaft aufgeteilt,
- ist oft nur in Ballungszentren verfügbar. Die Ortsteile Grabenstätt-Ort, Erlstätt, Winkl, Marwang, Hirschau und Erlstätt sind mit Kabelinternet versorgt, die Außenbereiche nicht.
Glasfaser1
- Wie der Name schon sagt: eine lange dünne Faser aus Glas
- Datenübertragung erfolgt im Gegensatz zu Kabeln nicht über Strom, sondern durch Lichtimpulse (Lichtwellenleiter)
- Ein Glasfaserkabel besteht aus einem Bündel mehrerer Lichtwellenleiter.
- Glasfasernetze ermöglichen sehr hohe Geschwindigkeiten in der Datenübertragung sowohl im Upload als auch im Download.
- Die Geschwindigkeit ist nicht von der Entfernung und der Anzahl der Nutzer abhängig
- Verlustfreie, stabile, schnelle und leistungsstarke Übertragung auch über große Entfernungen
- Weniger störanfällig, auch bei der Nutzung durch mehrere Personen gleichzeitig.
- Bessere CO2-Bilanz
Die Glasfasertechnologie bietet im Vergleich zu Kupfer und Kabel erhebliche Vorteile und gilt als zukunftsweisend. Ein entsprechender Ausbau der erforderlichen Infrastruktur stellt für die Gemeinden jedoch eine große Herausforderung dar.
Der Weg ist geebnet
Die Ökomodellgemeinden hatten bereits 2022 die Beratungsfirmen damit beauftragt, einen Anbieter zu finden, der einen größtmöglichen eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau gewährleistet. Im Dezember 2023 kam es in den sieben Achentalgemeinden bereits zur Unterzeichnung entsprechender Kooperationsverträge mit der Firma AVACOMM Systems GmbH aus Holzkirchen, welche den weitreichendsten Glasfaserausbau angeboten hatte. Im Laufe des letzten Jahres hat das regionale Familienunternehmen bereits mit der Kundenakquise durch Presseartikel, Informationsabende und Beratung begonnen. Die aktuellen Zahlen der anschlusswilligen Bürgerinnen und Bürger der einzelnen Gemeinden zeigen, dass das Interesse an der Breitbandverfügbarkeit und auch das Zutrauen der Bevölkerung in die zuvor hier noch eher unbekannte Firma AVACOMM groß ist.
Situation in Grabenstätt
Bergen, Grabenstätt und Vachendorf hatten sich zunächst nach dem Vorbild Traunsteins und Traunreuts dazu entschieden, den Weg des Ausbaus mit der Firma Deutsche GigaNetz zu gehen. Mit deren kurzfristigen Zurücktreten vom Kooperationsvertrag haben sich die Gemeinderäte der drei Gemeinden Mitte Januar 2025 ebenfalls für eine Zusammenarbeit mit der Firma AVACOMM ausgesprochen.
Die entsprechenden Kooperationsverträge wurden am 18.02.2025 unterzeichnet. Damit folgen Bergen, Grabenstätt und Vachendorf ihren Partnergemeinden aus dem Ökomodell.
Die Verträge sind unterschrieben - Wie geht es konkret weiter?
Laut Zeitplan der Firma AVACOMM kann die Marketingphase voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2025 starten. Diese umfasst wie schon in den anderen Achentalgemeinden vor allem die Breitstellung von Informationen für die Bürgerinnen und Bürger via Infobroschüren, bei entsprechenden Veranstaltungen oder beispielsweise auch über das Angebot von Glasfasersprechstunden vor Ort sowie parallel die konkrete Interessensabfrage in den Haushalten in den Gemeinden durch AVACOMM-Mitarbeiter.
Die Zahl der anschlusswilligen Bürgerinnen und Bürger entscheidet innerhalb der Gemeinden darüber, in welchen Bereichen tatsächlich gebaut wird. Straßenzüge oder Ortsteile, die das Unternehmen nicht eigenwirtschaftlich ausbauen kann, wenn zu wenige Anschlussverträge unterzeichnet werden, können in einem zweiten Schritt grundsätzlich auch gefördert werden. Bei den Gemeinden verbleibt dann allerdings ein Eigenanteil. Wenn möglichst viele Haushalte erreicht werden, können auch die Kosten für die Gemeinden gesenkt werden.
Die Gemeindegebiete sind dabei in Zonen eingeteilt. Außerhalb der Kernzonen Grabenstätt-Ort, Winkl, Marwang und Erlstätt gilt in etwa die Faustregel: je randständiger ein Gebiet, desto höher sollte die Quote interessierter Haushalte innerhalb des Gebietes sein, damit die AVACOMM dort eigenwirtschaftlich ausbauen kann.
Ab dem Sommer 2025 wird daher unverbindlich das Interesse der einzelnen Haushalte abgefragt und so eine Übersicht über die Verteilung und Quote der gewünschten Hausanschlüsse erstellt. Die Bestellung eines Anschlusses ist aber erst mit der finalen Hausbegehung kurz vor Baubeginn im jeweiligen Bauabschnitt verbindlich, sodass kein Bürger ein Risiko eingeht, falls die Adresse bei zu wenig umliegenden Interessenten doch nicht ausgebaut werden würde. Auf dieser Grundlage schließen dann voraussichtlich im Frühjahr 2026 die Planungs- sowie ab Herbst 2026 die Ausbauphase an.
Für die Bürgerinnen und Bürger selbst ist der Hausanschluss kostenlos, wenn - wie in der Branche üblich - ein 24-monatiger Vertrag bei der Firma AVACOMM abgeschlossen wird.
Glasfaser kann grundsätzlich auch ohne Buchung einer AVACOMM-Leistung ins Haus gelegt werden. In diesem Fall fallen allerdings Kosten für das Verlegen an. Preise und Leistungen werden in den kommenden Monaten durch das Unternehmen detailliert kommuniziert.
Paralleles Förderverfahren
Da die Vermarkungsquote nicht vorhersehbar ist und für kleinste Außenbereichsteile ein eigenwirtschaftlicher Glasfaserausbau voraussichtlich nicht in Betracht kommt, hat der Gemeinderat bereits im November 2024 den Beschluss gefasst, einen Förderantrag nach dem sog. Lückenschlussprogramm zu stellen. Mit dieser Förderung könnte auch ein Glasfaserausbau von abgelegenen Ortsteilen bzw. Weilern bewerkstelligt werden.
Kann ich nicht einfach bei meinem DSL-Anschluss bleiben?
Die Bundesregierung geht davon aus, dass Gigabitgeschwindigkeiten und damit Glasfasernetze in Zukunft unerlässlich sein werden, da die bestehenden Kupfernetzwerke schon jetzt an ihre Grenzen geraten. Übergeordnetes Ziel ihrer Gigabitstrategie von 2022 ist daher „die flächendeckende energie- und ressourceneffiziente Versorgung mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus […] bis 2030“. Bis Ende 2025 soll die „Versorgung mit Glasfaseranschlüssen auf 50% der Haushalte und Unternehmen erhöht werden“.2
Auch aus ökologischer Sicht sind Glasfasernetze, wenn sie denn einmal installiert sind, im Betrieb deutlich umweltschonender. So wird in der Gigabitstrategie des Bundes festgehalten, dass der CO2-Fußabdruck der Glasfasernetze gegenüber alternativen, älteren Technologien und Netzen deutlich geringer ausfalle.2
Man muss davon ausgehen, dass bestehende Kupfernetze zukünftig abgeschaltet werden, wenn Glasfaser verfügbar ist. In Frankreich und UK hätten Marktteilnehmer das Abschaltdatum für ihre Kupfernetze bereits bekanntgegeben.
Für Deutschland ist noch kein einheitliches Abschaltdatum bekannt. Es ist aber zu erwarten, dass die Anbieter den Parallelbetrieb mehrerer Systeme nicht dauerhaft erhalten werden.
In Deutschland befasst sich das Gigabitforum mit der Frage der Gestaltung einer möglichst reibungslosen Umstrukturierung von Kupfer auf Glasfaser. Auch hier geht man davon aus, dass sich mit zunehmender Verfügbarkeit und Nutzung der Glasfaser perspektivisch die Frage nach der Abschaltung der Kupfernetze stellt und gelöst werden muss.3
Fazit – der gemeinsame Weg in Richtung Glasfaser ist beschlossen
Die Entwicklung insbesondere der letzten Jahre hat verdeutlicht, dass das private Nutzungsverhalten der Menschen immer höhere Bandbreiten erfordert. Hohe Bandbreiten sind aber nicht nur im Privathaushalt unerlässlich geworden, sondern auch für öffentliche und soziale Einrichtungen und Unternehmen, die durch schnelleres Internet effizienter arbeiten können und somit von einem stabilen und leistungsstarken Netz abhängig sind. Die Glasfasertechnologie ist dabei zukunftsweisend und der Ausbau der Glasfasernetze unumgänglich. Unterstützung erhalten die Kommunen durch Förderungen des Bundes oder Bayern. Allerdings gestaltet sich dies sehr kompliziert und langwierig.
Die Gemeinden Bergen, Vachendorf und Grabenstätt haben sich dazu entschlossen, den Weg des Glasfaserausbaus mit der Firma AVACOMM zu gehen, um die Versorgung möglichst vieler Haushalte mit Glasfaser zu erreichen.
„Wir freuen uns sehr, unsere Gemeinden auf diese Weise zukunftsfähig machen zu können“, waren sich die drei Bürgermeister Wirnshofer, Schneider und Schroll bei der Vertragsunterzeichnung einig. Letztendlich schließe sich durch die Zusammenarbeit mit der Firma AVACOMM auch der Kreis mit den anderen Ökomodellgemeinden, indem wieder einmal Synergien genutzt würden. Das Vertrauen der Vertragspartner untereinander sei groß, heißt es bei allen Beteiligten. Die Unterschriften bilden die Grundlage. Die ersten wichtigen Schritte und Überlegungen sind somit getan. Viele weitere werden in den nächsten Monaten folgen.
Quellen:
1Chip (Verbraucher-Portal)
2Gigabitstrategie des Bundes: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/gigabitstrategie.pdf?__blob=publicationFile
3Gigabitforum: https://www.gigabitforum.de/DE/Fachthemen/Telekommunikation/Breitband/Gigabitforum/start.html